Es ist eine Szene wie in “Jurassic Park”: Wir folgen verschlungenen Wegen, klettern über die Felsen eines trockenen Bachbettes – und stehen im düsteren Nebel vor einer riesigen, höhlenartigen Felswand, die uns von allen Seiten einschließt. Das von oben herabtropfende Wasser erzeugt eine durch das Echo vielfach verstärkte Geräuschkulisse. Alles ist groß, düster, unheimlich. Wo sind wir hier gelandet?
Start in Capafonts
Eigentlich war der Plan ganz einfach. Wir starten in dem kleinen Ort Capafonts in der Bergregion “Serra de Montsant” (Katalonien/Spanien) einen Lauf zu der Höhle “Cova de les Gralles“. Ich möchte jetzt nur am Rande die sprachlichen Probleme erwähnen, die sich bei der Recherche für uns Deutsche in einem zweisprachigen (katalanisch/spanisch) Land mit unklaren Bezeichnungen für Landschaften ergeben, aber am Ende haben wir eine schöne Route ausgearbeitet. Der Plan bekommt erste Risse, als uns der morgendliche Blick aus dem Fenster sagt, dass die anstehende Bergtour wohl auf keinen Fall bei Sonnenschein stattfinden wird.
Capafonts ist ein malerisches Bergdorf mitten auf einem kleinen Berg wiederum inmitten einer sehenswerten Bergkulisse. Es ist so verwinkelt, dass unsere erste Leistung daraus besteht, den Ort zu verlassen und überhaupt den richtigen Weg heraus zu finden. Wir laufen also bergauf, bergauf, bergauf und die Wege werden schmaler, schmaler, schmaler. Soweit so gut, wenn nicht auch der Nebel immer dichter, dichter, dichter würde und wir von der Berg- und Felsenlandschaft immer weniger sehen würden.
Laufen im Nebel
Aber auch so ergeben sich immer wieder Ausblicke in die Landschaft, die durch die durchziehenden Nebelschwaden ihren ganz besonderen Reiz erhält. Die Wege sind steil und steinig und es ist Trittsicherheit nötig. Auf den leicht feuchten Felsen müssen wir gut aufpassen, wobei uns die Trailschuhe gute Dienste erweisen. In den unwirtlichen Passagen ist an Laufen nicht zu denken und so wird es eine Mischung von Wandern und Laufen. Die Natur ist noch ganz frühlingsgrün und die kleinen Wege durch das Gehölz erscheinen wie grüne Tunnel.
Oben wird der Nebel zunehmend dichter und der Weg unklarer. Schließlich landen wir an einem großen trockenen Bachbett aus riesigen Felsen, von dem aus verschiedene Wege entweder in Katalanisch oder gar nicht beschriftet abgehen … Wir folgen also unserem Gefühl und den roten Markierungen und als wir vor den großen Felsen des Bachbettes stehen, hören wir geheimnisvolles Rauschen. Nach einer kleinen Kletterei öffnet sich die Szene und wir stehen vor einer riesigen runden Felswand, deren offene Seite durch großes Gehölz verschlossen wird: Die Höhle “Cova de les Gralles“, der eingangs erwähnte “Jurassic Park”.
Jurassic Park
Wir fühlen uns wie in einem Amphitheater; aber es ist dunkel, feucht und unheimlich. Die Felswand ist tief eingeschnitten und wirkt wie eine Kathedrale. Aus großer Höhe tropft Wasser herab, was gemeinsam mit dem Echo erheblichen Lärm macht. An den Seiten gehen die Felsen in das Grün der Pflanzen über und verschwimmen im Nebel. Die Szenerie erscheint uns wie aus einem Film und wir würden uns nicht wundern, wenn jetzt Dinosaurier erscheinen würden. Vorsichtig klettere ich über die nassen Felsen bis ans Ende der Höhle, das Wasser tropft auf mich herab und ich komme mir so klein und hilflos vor. Welch eine Szene!
Unser weiterer Lauf führt uns immer weiter in baumärmere Regionen und zugleich wird der Nebel immer dichter. Als ehemalige alpine Wanderer haben wir einen gehörigen Respekt vor Nebel in den Bergen, zumal kombiniert mit schlechten Wegmarkierungen. Wären wir heute mit einer gedruckten Karte unterwegs, könnte es tatsächlich problematisch werden. So aber leitet uns das GPS-System sicher durch die unwirtliche Landschaft. Der Technik sei Dank!
Farbige Felsen
Wir laufen die andere Seite des Tales hinab und kommen unvermutet an Felswände, die in Streifen leuchtend blau gefärbt sind. Was hat sich Mutter Natur dabei gedacht? In diesen bunten Felsen finden wir weitere kleinere Höhlen, auf deren Erkundung wir verzichten, um keine Tiere zu verschrecken.
Leider hat der Nebel die gesamte Berglandschaft verschlungen, und so laufen wir wie in ein Nichts hinein, immer weiter bergab, über felsige Wege und Pfade; wir müssen vorsichtig sein, um nicht durch die Müdigkeit unsere Trittsicherheit zu verlieren.
Am Ende kommt es, wie es kommen muss: Wir geraten in einen ungemütlichen Regenschauer und verlaufen uns erneut in den verwinkelten Gassen des Dorfes Capafonts auf der Suche nach unserem Auto. Es war ein schöner Lauf, ganz anders als geplant, und wieder einmal hat uns die Natur ein unvergessenes Erlebnis beschert.
Leseempfehlung
Es gibt einen deutschsprachigen Führer, der auch andere Wanderungen in der katalanischen Region “Serra de Montsant” beschreibt: Download
Der Track
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