Buchvorstellung in der Sächsischen Schweiz: Ein italienischer Widerstandskämpfer in den KZ Flossenbürg und Porschdorf

Ich durfte vor einiger Zeit die Biographie eines italienischen Widerstandskämpfers veröffentlichen, der 1945 in einem deutschen Konzentrationslager umgebracht worden war. Ostermontag war nun die offizielle Vorstellung des Buches in der Sächsischen Schweiz.

Dies war ein langersehnter Tag für mich. Mehrere Fäden meines Lebens sollten an diesem Tag zusammengeführt werden. Gespannt fuhr ich mit einigen Freunden zum “Haltepunkt Porschdorf” in der Sächsischen Schweiz. Wie viele Leute würden zu der Veranstaltung kommen, bei der aus einem meiner Bücher über das Leben und Sterben des italienischen Widerstandskämpfers Giuliano Benassi vorgelesen würde? Ich kann an dieser Stelle schon verraten, dass es unerwartet viele waren.

Faden 1: Non dimenticare – Nicht vergessen

Ich war lange Jahre im Vorstand und zuletzt als stellvertretender Vorsitzender in dem Verein “Non dimenticare – nicht vergessen” aktiv. Wir haben mit diesem Verein antifaschistische Bildungsarbeit betrieben – in Schulen, mit zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland, Buchpublikationen, Forschungsprojekten usw. Die Städtefreundschaft zwischen Detmold und Verona geht auf unsere Arbeit zurück.

Wie kam es dazu? Bei einer Veranstaltung im Detmolder Staatsarchiv, die sich mit deutschen Kriegsverbrechen in Italien beschäftigte, lernten wir den italienischen Widerstandskämpfer Vittore Bocchetta kennen und schätzen. Dieser war während des 2. Weltkriegs als junger Mann aktiv im Widerstand gegen die Deutschen; er wurde verhaftet, gefoltert und in das Konzentrationslager Flossenbürg gebracht. Schwer für sein Leben gezeichnet überlebte er die Haft und kehrte nach Italien zurück. Dort kam er nicht zurecht, emigrierte zunächst nach Südamerika und dann in die USA, wo er als Künstler und Hochschullehrer tätig war. Zuletzt kehrte er nach Italien zurück und lebt immer noch als fast Hundertjähriger in Verona.

Aus diesem ersten Kontakt entwickelte sich eine langjährige Freundschaft und mit einigen Gleichgesinnten gründeten wir gemeinsam mit Bocchetta den Verein “Non dimenticare – nicht vergessen”. Bocchetta stellte uns einen Teil seiner Kunstwerke zum Verkauf und zur Finanzierung der Vereinsaktivitäten zur Verfügung. Mehr als 10 Jahre lang arbeiteten wir mit ihm und der KZ-Gedenkstätte in Flossenbürg zusammen. Unser erstes Projekt war die Publikation seiner Biographie “Jene fünf verdammten Jahre”, in der er seine Zeit im Widerstand und im Konzentrationslager Flossenbürg schildert. Viele weitere Bücher und Projekte kamen hinzu. Falls Ihr etwas Zeit habt, könnt Ihr einen sehr gelungen Film über Bocchetta, den wir produziert haben, sehen.

Vittore Bocchetta

Faden 2: Das Buch über Giuliano Benassi

2015 erreichte mich dann ein anderes Manuskript zu diesem Thema. Der italienische Rechtsanwalt Francesco Berti hatte ein kleines Buch geschrieben, in dem er an seinen Schulfreund Giuliano Benassi erinnerte, der ebenfalls als Widerstandskämpfer gefangen, gefoltert und nach Flossenbürg gebracht wurde. Anders als Bocchetta überlebte er diese Zeit nicht und wurde auf einem der sogenannten “Todesmärsche” erschossen – als 23-Jähriger! Berti besuchte die Stationen dieses Leidensweges und beschreibt in eindrucksvollen Worten die Gegenwart und in Rückblenden die Vergangenheit. Zugleich hinterlässt er damit ein Vermächtnis seines unvergessenen Freundes.

Faden 3: Porschdorf in der Sächsischen Schweiz

Wie überrascht war ich bei der Durchsicht des Manuskriptes, als ich feststellte, dass Benassi im Außenlager Porschdorf untergebracht war – jenem Porschdorf in der Sächsischen Schweiz, in dessen Nachbarschaft wir jedes Jahr mit Freunden und Familie unseren Osterurlaub verbringen! Ich habe verwandtschaftliche Beziehungen in diese Region und fühle mich damit sehr verbunden.

Blick von der Burg Hohnstein auf das gleichnamige Städtchen. Was heute eine Idylle ist, war in der NS-Zeit die  Hölle auf Erden

Die Fäden verknüpften sich

So kreuzten sich also durch dieses Buch über Giuliano Benassi verschiedene Wege meines eigenen Lebens und es war klar, dass ich es verlegen würde. Ebenso klar war, dass ich die Verpflichtung hatte, meine Lebensfäden zu verknüpfen und dieses Buch in der Sächsischen Schweiz bekannt zu machen. In den folgenden Jahren erkundeten wir mit Freunden die Spuren des Lagers in Porschdorf und ich nahm Kontakt zu dem Verein AKuBiZ in Pirna auf, der linke Kulturarbeit und antifaschistische Bildungsarbeit macht und Interesse an dem Buch hatte.

Lesung in Porschdorf

Ostermontag fand nun eine gemeinsame Veranstaltung von AKuBiZ und “Arbeit und Leben” statt. Etwa 30 gut ausgerüstete Wanderinnen und Wanderer trafen sich am „Haltepunkt Porschdorf“, einer einsamen Bahnstation, und gingen gemeinsam mit uns zunächst zu den Orten des Lagers und der Arbeitsstätte in Porschdorf.

Die gut besuchte Wanderung
Diese Betonfundamente sind die einzigen Überreste des Arbeitslagers in Porschdorf

Anschließend wanderten wir zur Burg Hohnstein, die als KZ und Kriegsgefangenenlager gedient hatte. Hier oben auf der Burg fand eine gut besuchte Lesung statt, in der Dr. Petra Schickert auf beeindruckende Art und Weise die wesentlichen Passagen des Buches vorstellte. Der Pirnaer Chor PirMoll rahmte die Lesung ein und nahm der Veranstaltung etwas von seiner Schwere. Wie schön doch Musik sein kann!

Dr. Petra Schickert liest aus dem Buch
Der Pirnaer Chor PirMoll

Ich bin immer noch beeindruckt, wie viele Menschen an Wanderung und Lesung teilgenommen haben. Wie ich erfuhr, ist dieses Veranstaltungsformat sehr erprobt und erfolgreich. Ich bin zufrieden, dass wir das Buch nun dort, wo es hingehört, vorgestellt haben.

Fazit

Damit hatte sich nun mein Wunsch erfüllt und die verschiedenen Lebensfäden hatten sich erfolgreich miteinander verknüpft. Mögen die Schicksale von Giuliano Benassi und Vittore Bocchetta niemals vergessen werden!

Die Burg Hohnstein schmiegt sich an das Bergmassiv. Zunächst war es ein Konzentrationslager und später wurden hier Kriegsgefangene eingesperrt

Die Bücher:

1 Comment

  • Zu 01814 Porschdorf Sächsischen Schweiz Kriegsgefangenenlager. Mein Bruder Christoph Büttner erwarb eine Postkarte von damals mitte 1944 von einen Ingenieu das sie kein Geld mehr bekommen im Polenztal.Postkarte ging von Porschdorf nach C Z. Mit freundlichen Grüßen Jürgen Büttner

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